Die Energiekosten steigen ständig. Zum Einen bedingt durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netze. Zum Anderen wird Deutschland nach einem möglichen, durch Sanktionen bedingten Ende russischer Gas- und Öl-Importe auf teurere Quellen für diese fossilen Energieträger zurückgreifen müssen.
Energiekosten sind nicht nur ein spürbarer Faktor der Produktionskosten allgemein, sondern auch der Unternehmenssteuern. Um Unternehmen steuerlich zu entlasten, schuf der Staat schon vor Jahren Begünstigungen bei der Strom- und Energiesteuer.
Steuerentlastungen werden bisher nach § 9b Stromsteuergesetz (StromStG) und § 54 Energiesteuergesetz (EnergieStG) für Unternehmen des produzierenden Gewerbes sowie für die Land- und Forstwirtschaft gewährt.
Das StromStG sieht verschiedene Steuerbegünstigungen vor. So kann Strom durch die Verwendung für bestimmte Zwecke von der Steuer befreit werden. Für bestimmte andere Zwecke verwendeter Strom lässt sich zu einem ermäßigten Satz versteuern. Außerdem kann es für bereits versteuerten Strom nachträglich Rückerstattungen geben.
Alles fließt, nichts bleibt: 2023 treten neue Regelungen in Kraft. Unternehmen sollten daher jetzt prüfen, ob sie auch in Zukunft von Steuerbegünstigungen profitieren können.
Dem produzierenden Gewerbe sowie der Land- und Forstwirtschaft wird nach § 9b StromStG eine pauschale Entlastung in Höhe von 5,12 Euro je verbrauchter Megawattstunde gewährt. Allerdings muss der Entlastungsbetrag über einem Sockelbetrag in Höhe von 250 Euro liegen. So entspricht die Steuerentlastung 25 Prozent des Regelsteuersatzes.
Für die Erstattung müssen die Unternehmen einen Antrag mit dem amtlich vorgeschrieben Vordruck beim zuständigen Hauptzollamt einreichen. Wer dabei an den Chanson „Einen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“ von Reinhard Mey denkt, liegt angesichts des bürokratischen Aufwands nicht falsch. Bis zum 31. Dezember des Folgejahres ist dieser Vordruck einzureichen. Sprich, für Strom, der bis 31. Dezember 2021 verbraucht wurde, muss der Erstattungsantrag bis zum 31.Dezember 2022 eingereicht werden.
Auch das Energiesteuergesetz bietet den Unternehmen steuerliche Entlastungen bzw. Befreiungen von der Energiesteuer. So sind teilweise Entlastungen nach § 54 Energiesteuer-Gesetz für Energieerzeugnisse möglich. Unter Energieerzeugnissen versteht man zum Beispiel Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel oder Heizstoffe wie Erdgas oder Heizöl.
Neben den Regelungen nach Paragraf § 9b StromStG und § 54 Energiesteuergesetz läuft auch der Spitzenausgleich nach § 10 StromStG und § 55 EnergieStG zum 31. Dezember 2022 in seiner derzeitigen Form aus. Das heißt, ab 2023 treten auch hier Änderungen in Kraft.
Natürlich blieben die bisherigen Gesetze nicht ohne Wirkung. So konnte aus gesamtwirtschaftlicher Sicht die Energieeffizienz in den letzten Jahren gesteigert werden. Außerdem war das Vorhandensein von Energiemanagementsystemen bereits eine Voraussetzung für Entlastungen. Wie es ab 2023 weitergeht? Stand jetzt, im Frühjahr 2022, sind die Neuregelungen noch völlig offen.
Die Regelungen nach den Paragrafen 9b StromStG sowie 54 und 55 EnergieStG gelten als Beihilfen im Sinn des Beihilfen-Rechts der EU. Für viele Unternehmen des produzierenden Gewerbes stellen sie relevante Entlastungen dar. Ihr Gesamt-Volumen lag in Deutschland zuletzt rund drei Milliarden Euro.
Die Gründe für die kommende Gesetzes-Novelle werden vielfach diskutiert. Ganz sicher aber liegt ihr das Ziel der Bundesregierung zu Grunde, dass Deutschland bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden möchte. Im Idealfall könnte die Änderung der Gesetze zur Stromsteuer und Energiesteuer zu höheren Anreizen führen, energieeffizienter zu produzieren. Lösungen zur Dekarbonisierung oder zur klimaneutralen Fertigung existieren längst: Sie könnten zu Schlüsseltechnologien im Rahmen der neuen Energie-Steuern werden.
Sicherlich macht sich der Gesetzgeber auch Gedanken dazu, die Unternehmen nicht durch Steuer-Belastungen nach dem CO2-Gehalt zu überfordern. Schließlich kann „Carbon Leakage“ dazu führen, dass Unternehmen ihre Produktion in Länder mit günstigen Energie- und Verbrauchssteuern verlagern.
Ganz sicher wird es eine Anpassung des Kreises der Begünstigten bei der Steuer geben. Bisher sollte vor allem der Spitzenausgleich jenen Unternehmen zugutekommen, die Nachteile im internationalen Wettbewerb hätten. Für die weiteren Steuererleichterungen wurden die Begünstigten bisher nach der Ausgabe 2003 der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ) eingegrenzt, die aber als veraltet gilt. Diskutiert wird über eine Auswahl der Unternehmen nach der „moderneren“ WZ aus dem Jahr 2008.
Zukünftig soll unter anderem auf die Berechnung des Spitzenausgleichs nach den Rentenbeiträgen verzichtet werden. Angedacht ist, die Regelung an die Besondere Ausgleichsregelung nach § 64ff des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), die neuen Carbon-Leakage-Regelungen des nationalen Emissionshandels oder die Strompreis-Kompensation zu koppeln. Alle drei Regelungen sollen schließlich der Vermeidung von Carbon Leakage gelten.
Diskutiert wird auch über eine degressive Absenkung der Entlastung. Was von Unternehmensseite gewünscht wird, ist eine Vereinfachung des bürokratischen Aufwands. Um ein Beispiel zu nennen: Momentan ist die Höhe für die Entlastungen beim Spitzenausgleich an die Arbeitgeberbeiträge der Renten gekoppelt, sodass die Berechnung ein Fall für Experten ist.
Unternehmen des produzierenden Gewerbes müssen sich aber in jedem Fall darauf vorbereiten, dass sie die Entlastungen ab 2023 nicht mehr im gleichen Umfang in Anspruch nehmen können.
Unser Tipp: Stellen Sie sich auf höhere Anforderungen und weitere Anstrengungen ein, um auch ab nächstem Jahr in den Genuss von Entlastungen bei den Steuern für Strom, Energie, Energieerzeugnissen oder Energieträgern wie Kohle oder Erdgas zu kommen.
Von Seiten der Unternehmen wird vor allem die – wie es heißt – kaum nachvollziehbare Formel der Berechnung der Entlastungen nach den Rentenversicherungs-Beiträgen kritisiert.
Auch kann das einzelne Unternehmen nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass Deutschland oder Europa seine gesamtwirtschaftlichen Energieeffizienz-Ziele erreicht. Weitere Entlastungen dürften aber mehr denn je daran gekoppelt werden.
Gerade kleine und mittelständische Betriebe sehen sich vor Herausforderungen gestellt, wenn sie vollständig implementierte Energiemanagementsysteme nachweisen müssen.
Der Spitzenausgleich, so ist zu hören, soll nur noch Unternehmen zugutekommen, die tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen. Dies stellt eine Benachteiligung von rein am nationalen oder regionalen Markt tätigen Akteuren dar. Der Begünstigten-Kreis soll im Einklang mit jenem des Energierechts gebracht werden.
Wenn aber der Kreis der Begünstigten des Spitzenausgleichs neu bestimmt wird, etwa nach WZ 2008 statt WZ 2003, dürfte manch ein bisher entlastetes Unternehmen plötzlich vor deutlich höheren Steuer-Belastungen für Strom und Energie stehen.
Vor jeder Gesetzes-Novelle versprechen die Politiker, dass alles einfacher wird. Insbesondere soll sich der Bürokratieaufwand reduzieren. In der Praxis tritt meist das Gegenteil ein. Man darf gespannt sein, wie dies bei den Strom- und Energiesteuergesetzen 2023 ausfällt.
Wenn die Gesetze Anreize schaffen sollen, die energie- und klimapolitischen Ziele der EU und des Bundes zu erreichen – was heißt das im Umkehrschluss? Natürlich, dass die Höhe der Entlastungen allmählich sinken soll. In Regierungskreisen ist möglicherweise die Ansicht verbreitet, dass die Unternehmen allgemeine Entlastungen ohne besondere Voraussetzungen in Anspruch nehmen und als Dauer-Subvention betrachten. Wenn ja, wird der Staat dem Einhalt gebieten wollen. Im Bundesministerium der Finanzen bemängelt man die regelmäßigen Auszahlungen „ohne besondere Anstrengungen“ schon jetzt.
Die Novellierung ist notwendig. Sie könnte aber die Unternehmen des produzierenden Gewerbes zusätzlich belasten.
Für die Unternehmen heißt das, sie müssen ihre Energieeffizienz weiter ausbauen. Auch nach 2023 ist es zu erwarten, dass sich die Gesetzte weiter verschärfen werden. Besonders dann, wenn die Klimaziele trotz Neuregelungen in weiter Ferne bleiben und sich die Erderwärmung fortsetzt.
Maßgeschneiderte moderne Energieeffizienz-Lösungen für eine klimaneutrale Fertigung lassen sich kostenfrei im laufenden Betrieb implementieren – nach dem Motto: profitieren ohne zu investieren. Sie finanzieren sich ausschließlich durch die Ersparnis an Energiekosten und Steuern.
Ebenso können Unternehmen auch dekarbonisieren, ohne zu investieren. Für eine CO2-neutrale Fertigung stehen Lösungen zur Verfügung. So können Unternehmen auch weiteren gesetzlichen Verschärfungen entspannt entgegenblicken.